(Kontext Theorie und
Praxis Poetry Slam)
Allegorie: (griech.: allegoría
= etwas anders sagen) über ein Einzelwort hinausgehende Ersetzung (Text
oder Textsegment) eines eigentlich gemeinten Sinnzusammenhang durch einen
analogen (narrativen, fiktionalen) uneigentlich gemeinten Sinnzusammenhang; fortgesetzte/ausgedehnte
Metapher: 1. gemischte, explikative A. (allegoria permixta): der
Primärzusammenhang ist am Anfang und Ende des Textabschnitts erkennbar, die
Deutung wird gelenkt; 2. reine, implikative A. (allegoria tota): der
Primärzusammenhang ist geschlossen
Alliteration: (griech. alliteratio
= Lautverbindung) Figur der Hinzufügung bzw. Klangfigur mit übereinstimmenden
Konsonanten im Anlaut ohne metrische Akzentuierung; vgl. Stabreim
Antithese: (griech. antíthesis= Entgegensetzung)
Konfrontation semantisch gegensätzlicher (antonymischer) Wörter- oder
Wortgruppen ohne logischen Widerspruch. vgl. Paradoxon, Figur der
Stellung, Figur des Kontrasts bzw. Gedankenfigur
Ausgangsreim: Reim (s. Reime)
an den Ausgängen von mindestens zwei Verszeilen bzw. der jeweils letzten Wörter
zusammengehöriger Verse, unterschieden werden: Paarreim, Kreuzreim,
Blockreim, Schweifreim, verschränkter Reim; vgl. Endreim,
im Unterschied zu Eingangsreim und Binnenreim.
Autofunktionalität: Merkmal
eines literarische Textes (Literarizität), auf sich selbst zentriert zu
sein; die Aufmerksamkeit wird auf die sprachliche, formale Seite der Äußerung
gelenkt, die referentielle Funktion (Referenz) wird tendenziell
aufgehoben (R. Jakobson).
Binnenreim: Endreim,
bei dem mindestens eines der Reimglieder im Inneren einer Verszeile steht; zu
unterscheiden sind: Schlagreim, Mittenreim, Mittelreim, Inreim,
Zäsurreim, Pausenreim. vgl. Eingangsreim, Ausgangsreim
Chiasmus: (lat. Überkreuzstellung nach dem griech.
Buchstaben ‚Chi’) kreuzweise Anordnung entsprechender Satzglieder oder Sätze,
häufig zur Veranschaulichung einer Antithese und als Antimetabole
(vgl. Parallelismus); syntaktische Figur der Stellung bzw. Kontrastfigur.
Collage: aus der Bildenden
Kunst übernommene Bezeichnung für die Technik zitierender Kombination von
(heterogenem) vorgefertigtem sprachlichen Material, auch Textcollage.
Drama: (griech. dráma
= Handlung, Schauspiel): Einzelwerk bzw. Hauptgattung; durch sprechende und
agierende Figuren wird ein Geschehen unmittelbar und plurimedial
dargestellt (Aktion, Szene, Stimme bzw. ‚Sprech-Schauspiel’); der Text (Haupttext,
Nebentext) ist Vorgabe für die Inszenierung vor einem Publikum
im Theater.
Dramaturgie:
(griech. dramaturgia = Aufführung eines Dramas) 1. Tätigkeit eines
Dramaturgen, der der Regie bei der Inszenierung bzw. Vermittlung
eines dramatischen Textes zur Seite steht. 2. ästhetische Eigenart, Struktur
und Funktion eines Dramas (oder Films) im Blick auf seine Wirkung; 3.
Dramentheorie als Teil der Poetik.
Epik: literarische Gattung;
durch einen Erzähler bzw. narrative Instanz vermittelte Darstellung
(Erzählung) von Zustandsveränderungen (Handlung) in metrisch
gebundener (s. Epos) oder ungebundener Form (Prosa); s. epische
Genres
Intertextualität: explizite
oder implizite Bezüge zwischen unterschiedlichen Texten oder einzelnen
ihrer Elemente; Differenzierungsmöglichkeiten nach Ebenen (Thema, Motiv,
Figurentypen –konstellationen, narrative Schemata etc.) oder Schreibweisen (Parodie,
Travestie, Kontrafaktur, Pastiche); s. Intertextualitätstheorien
Ironie:
(griech.: eironeía = Verstellung) Ersetzung eines eigentlichen Ausdrucks
durch sein polares Gegenteil bzw. Negation; Ironiesignale: Tonfall,
Äußerungszusammenhang u.a.; Differenzierung: Vortäuschung (simulatio =
Nachahmung), Verschleierung (dissimulatio = Unkenntlichmachen);
spezieller: dramatische Ironie
Klangfiguren:
sprachlich-phonetische Elemente, deren Einsatz akustischen bzw. klanglichen
Zwecken dient: Reim, Assonanz, Alliteration,
rhetorisch-stilistische Figuren: Anapher und Epipher, Paronomasie,
figura etymologica, Onomatopoesie, s. rhetorische Figuren
Klimax: (griech. Leiter)
stufenweise Anordnung einer Wort- oder Satzreihe, Steigerung (gradatio)
des Aussageinhalts (vom weniger Bedeutenden zum Wichtigen) oder der
Aussagekraft (vom schwachen zum starken Wort); fallendes Verhältnis: s.
Antiklimax
Kontrafaktur: (lat. contra
= gegen und facere = machen) intertextuelle Schreibweise bzw. Verfahren,
Nutzung der formalen Struktur- und Gestaltungsmerkmale einer Vorlage für die
Vermittlung eigener Inhalte.
Lautgedicht: Gedichtform,
die auf Wörter als Bedeutungsträger verzichtet und auf der Anordnung/Abfolge
von Buchstaben, Lauten, Lautfolgen oder Lautgruppen basiert; s. Konkrete
Poesie.
Lautmalerei: s. Onomatopoesie
Literarizität:
das Literarische bzw. Poetische eines Textes; Merkmale bzw.
Verfahrensweisen oder Konventionen, die literarische Texte von
nichtliterarischen unterscheiden: ihre nicht eindeutige Referenz, ihre
imaginierten Wirklichkeiten (s. Fiktion) dienen symbolischen
Probehandeln, ihre Zeichenbildung bietet mehrdeutige Sinnstiftung; die
Aufmerksamkeit wird auf die sprachliche Beschaffenheit, der dem ästhetischen
Vergnügen dient; s. Autofunktionalität, Verfremdung, Vorherrschen
von Konnotation.
Literatur: (lat.
littera = Buchstabe, Schriftzug, Aufgezeichnetes, Schrift) 1.
Zusammenspiel bestimmter Eigenschaften, Funktionen, Konventionen und
Rezeptionsweisen, die (literarische) Texte von Sachtexten unterscheiden (Literarizität):
die Aufmerksamkeit wird auf die Form der Sprache gelenkt, keine unmittelbare
Referenzierbarkeit (Referenz), symbolisches Probehandeln, mehrdeutige
Sinnstiftung (Polyvalenz); 2. alles Geschriebene (deskriptiver Begriff)
Lyrik: literarische Gattung;
Einzelrede eines Subjekts (des ‚lyrischen Ichs’) mit Dominanz der Deskription
von Zuständen, der Artikulation von Einstellungen und Gefühlen; Neigung zu
‚Überstrukturierungen’ (J. Link), die auf lautlichen Beziehungen, hoher semantischer
Verdichtung und Mehrdeutigkeiten beruhen.
Metapher: (griech. metaphorá = Übertragung) auf
einer Ähnlichkeitsrelation beruhende semantische Ersetzung eines Wortes oder
einer Wortgruppe (Grundbegriff ) durch einen Übertragungsbegriff (s. Tropen);
mehr oder weniger große (sachlich, semantische, bildliche)
Ähnlichkeitsbeziehung bzw. Vergleichsaspekt: tertium comparationis bzw.
gemeinsames Drittes; Sprungtrope
Metonymie: (griech. metonymía = Umbenennung,
Namensänderung), Ersetzung eines eigentlich gemeinten Ausdrucks durch einen
Ausdruck, (Tropen) der mit diesem in einer real sachlichen (räumlichen,
zeitlichen, kausalen) oder pragmatisch motivierten Beziehung steht;
Grenzverschiebungstrope; Differenzierung nach Substitutionstypen bzw. Kontiguitätsbeziehung:
Ursache und Wirkung (Erzeuger und Erzeugnis, Autor und Werk), Produkt und
Material, Raum und Rauminhalt (Ort und Bewohner, Gefäß und Inhalt), Abstraktum
und Konkretum, Ganzes und Teil (s. Synekdoche)
Onomatopoesie: (griech. ónoma
= Name, poiein = schöpfen, Wortdichtung) Wortschöpfung mit
phonetisch-klanglicher Nachahmung akustischer oder motorischer Erscheinungen,
von Haltungen und Stimmungen bzw. den damit verbundenen Gegenständen und
Vorgängen.
Oxymoron: (griech. oxýs = scharf, moros = dumm =
scharfsinnige Dummheit) Verbindung einander logisch ausschließender Wörter
(Gegenbedeutungen) zu einer scheinbar widersinnigen Kombination (Paradoxon)
in: 1. attributivisch erweiterten Wortgruppen („schwarze Milch der Frühe“, contradictio
in adiecto), Ähnlichkeit mit der Metapher; 2. Kopulativkomposita („dummklug“);
3. zwischen Verb und Adverb („stumm sprechen“); besondere Form der Antithese.
Paradoxon: (griech. = das Unerwartete) scheinbarer Widersinn
bzw. logischer Widerspruch durch einen polaren oder kontradiktorischen
Gegensatz.
Parallelismus: (griech. parállelos = gleichlaufend)
Parallelstellung d.h. Wiederkehr syntaktisch gleichwertiger Wörter, Wortgruppen
oder Sätze an gleicher Stelle.
Periphrase: (griech. períphrasis = Umschreibung); Ersetzung
der unmittelbaren Bezeichnung eines Begriffs, einer Person oder Sache durch sie
kennzeichnende Eigenschaften, vom außersprachlichen, sozialen Kontext
mitbestimmt (Grenzverschiebungstrope); GrenzverschDifferenz zur Paraphrase =
sinngemäße Übertragung.
Personifikation: auch Personifizierung, Vermenschlichung bzw.
Anthropomorphisierung von Abstraktem, Kollektivem, Allgemeinem sowie von
Naturerscheinungen durch menschliche Attribute oder Eigenschaften, Sprungtrope
Pointe: (franz.): Spitze,
Schärfe, semantische Kipp-Figur bzw. Kipp-Moment zwischen Vorbereitung
(Erwartung) und Abschluss (Überraschung).
Reime: klangliche
Verknüpfung durch partielle Übereinstimmung der Konsonanten und Vokale
benachbarter Wörter im Text; meist in Form eines Endreims, aber auch als
Stabreim bzw. Alliteration und Assonanz; unterschiedliche
Stellungen im Vers: Eingangsreim, Binnenreim, Ausgangsreim.
Rhetorik: (griech.: rhetoriké)
Theorie und Praxis bzw. ‚Kunst’ überzeugenden (persuasio) Redens, um
seinen Standpunkt wirkungsvoll zu vertreten und Rezipienten zu beeinflussen.
rhetorische Figur: seit der
antiken Rhetorik für den Schmuck (ornatus) der Rede, besonders in
literarischen Texten verwendete, bewusst herbeigeführte Abweichung von der
sprachlichen Normalform durch Hinzufügung (adiectio), Auslassung (detractio)
oder Vertauschung (transmutatio), Differenzierungen nach Wortfiguren,
Satzfiguren und Gedankenfiguren.
Rhetorische Figuren: seit
der antiken Rhetorik für den Schmuck (ornatus) der Rede, später in
literarischen Texten verwendete, bewusst herbeigeführte Abweichungen von der
sprachlichen Normalform durch Hinzufügung (adiectio), Auslassung (detractio)
oder Vertauschung (transmutatio), Differenzierungen nach Wortfiguren,
Satzfiguren und Gedankenfiguren.
Symbol: (griech. sýmbolon =
Erkennungszeichen, Marke) uneinheitlich verwendeter Begriff für: 1. komplexe Zeichen,
die als real vorhandene Gegenstände oder Handlungen (Differenz zur Allegorie)
auf etwas verweisen, mit dem sie in einem pragmatisch-konventionalisierten
Verhältnis stehen; 2. nicht-konventionelle literarisch und visuelle Zeichen,
die der Deutung bedürftig sind.
Synästhesie: (griech. synaísthesis =
Zugleich-Wahrnehmung) Verbindung der Wahrnehmungsbereiche verschiedener
Sinnesbereiche (visuell-akustisch, taktil, geruchlich, geschmacklich).
Synekdoche: (griech. synekdoché =
Mitübernahme, Mitverstehen) Ersetzung
des eigentlich Gemeinten durch einen semantisch engeren (oder weiteren) pragmatisch
motivierten Ausdruck; Spezialfall einer quantitativen Metonymie;
generalisierende S.: Teil für das Ganze (pars pro toto) und partikularisierende
S.: Ganzes für Teil (totum pro parte), Grenzverschiebungstrope
Travestie: (ital./frz. travestir(e)
= verkleiden, umkleiden) lit. Gattung bzw. intertextuelle Schreibweise,
die von einer Vorlage inhaltliche Elemente und Strukturen übernimmt, zu deren
satirischer Komisierung jedoch Stil und Form verändert.
Tropen: (griech.-lat. Wendung) Tropus, Trope
(sing.) im uneigentlichen, d.h. übertragenen Sinne gebrauchte Wörter und
Wendungen; nach dem Prinzip der Substitution (immutatio) bewusstes Abweichung
von der sprachlichen Normalform (Verfremdung des Signifikanten); Differenzierung
nach Distanz bzw. semantischer Nähe und Begriffsverschiebung: 1. Sprungtropen
(z.B. Metapher), 2. Grenzverschiebungstropen (z.B. Metonymie)
Verfremdung: 1. Merkmal von Literarizität,
Ergebnis des Abweichens einer Äußerung von der automatisierten Folie des
gewöhnlichen Sprachgebrauchs bzw. von den Wahrnehmungsgewohnheiten; Entstehen
eines Novums bzw. einer Differenzqualität (R. Jakobson); 2. Technik, um
vertraute und herkömmliche Vorgänge mit avantgardistischen Mitteln der Sprache
und einer Theateraufführung fremd und irritierend erscheinen zu lassen, s. Verfremdungseffekt,
episches Theater.
Zeugma: (griech. Zusammengefügtes, Joch) semantisch oder
syntaktisch unpassende Verbindung von Satzgliedern; Spezialfall eines
zusammengezogenen Satzes bzw. einer Worteinsparung; 1. die Glieder einer
Aufzählung liegen nicht auf einer begrifflichen Ebene; 2. es werden mehrere
Bedeutungen eines polysemen Verbs verwendet.