| "Belustigungen des Verstandes und des Witzes".
 Die Zeitschriften der
        Aufklärung - Beginn einer literarischen Öffentlichkeit.
 
 In: Leipziger Blätter 1998, H. 32, S. 31-33
 
 Am Ende des 17. Jahrhunderts
        verlagerte sich der Schwerpunkt des deutschen Verlagsbuchhandels
        vom Hauptumschlagplatz lateinischer Literatur, Frankfurt, in
        das Zentrum des deutschsprachigen Schrifttums nach Leipzig. Am
        Schnittpunkt zweier Handelswege, unter günstigen politischen
        und wirtschaftlichen Bedingungen, erlangten die finanzkräftigen
        Verleger der Buchstadt eine Spitzenposition, die über zwei
        Jahrhunderte unangefochten bleiben sollte. In Leipzig setzte
        sich der moderne, kapitalistische Buchhandel als selbständiger
        Wirtschaftszweig durch und eroberte über seine Messe allmählich
        ganz Deutschland. Die weltoffene Universitäts-
        und Handelsstadt war seit Beginn des 18. Jahrhunderts jedoch
        nicht nur das Zentrum der deutschen Buch-, sondern auch der Zeitschriftenproduktion.
        Bedeutende Gelehrte schufen durch die Herausgabe von Periodika
        eine literarische Öffentlichkeit: Christian Thomasius' "Monatsgespräche"
        oder die moralischen Wochenschriften Johann Christoph Gottscheds
        waren Medien, die das bürgerliche Lesepublikum nicht nur
        informierten, sondern zu dessen Meinungsbildung und zur Verbreitung
        neuer Wertvorstellungen beizutragen suchten. Mit den "Monatsgesprächen",
        die von 1688 bis 1690 erschienen, begründete der Frühaufklärer
        Christian Thomasius das erste kritische Journal, das in inhaltlicher
        und formaler Hinsicht mehrere Neuerungen bot: Im Unterschied
        zu bisherigen lateinischsprachigen Gelehrtenzeitschriften war
        es in deutscher Sprache verfaßt, da sein Herausgeber einen
        größeren Leserkreis über neuerschienene Bücher
        informieren wollte. Charakter und Darstellungsform
        der "Monatsgespräche" werden in ihrem vollständigen
        Titel deutlich, der wahrend ihres zweijährigen Erscheinens
        mehrfach variiert wurde. Anfänglich lautete er "Schertz-
        und ernsthaffter, vernünfftiger und einfältiger Gedancken
        über allerhand lustige und nützliche Bücher und
        Fragen: in einem Gespräch vorgestellet von einer Gesellschafft
        derer Müssigen". Formal besonders interessant ist,
        daß Thomasius die Neuerscheinungen durch fingierte Gestalten
        diskutieren ließ und eine "Gesellschafft derer Müssigen"
        als Herausgeber vorschob, die aus einem "literarisch gebildeten
        Kavalier", einem "Juristen" und einem "Rentier"
        bestand. Im ersten Heft führte Thomasius
        überdies vier Personen ein, die auf einer Kutschfahrt von
        Frankfurt nach Leipzig ins Gespräch kommen: Ein weitgereister
        Kavalier, ein Gelehrter, ein Kaufmann und ein Schulmann diskutieren
        über neuerschienene Bücher und teilen ihre Auffassungen,
        zum Beispiel zur Lektüre von Romanen, mit. Mit Hilfe seines
        literarischen Quartetts konnte Thomasius unterschiedlichen Meinungen
        Spielraum geben und sie genauer gegeneinander abwägen, als
        das im massenwirksamen Fernsehzeitalter geschieht. Dabei ließ
        er den literarisch interessierten Kaufmann über den konservativen
        Schulmeister und den lebensfernen Gelehrten triumphieren Die
        Leute sollten zum Lesen "angefrischet" werden. Das
        sei möglich, wenn man ihnen "das Maul wässerig
        machte/und sie anlockte/desto mehr Bücher zu kauffen/von
        welchen sie sonsten nicht einmahl etwas gewust hätten". Als Regisseur einer inszenierten
        Diskussion bezog sich Thomasius auch selbst in die Kritik ein.
        So ließ er die Reisenden über das Journal diskutieren,
        in dem sie auftraten. Der Herausgeber veröffentlichte auch
        eine gegen ihn selbst gerichtete Schmähschrift aus der Feder
        eines Anhängers des intoleranten dänischen Hofpredigers
        Hector Gottfried Masius, der nur das lutherische Glaubensbekenntnis
        gelten ließ. In seinem Buch "Über den Vorteil,
        welchen die wahre Religion den Fürsten gewähre"
        hatte dieser die Auffassung vertreten, daß die Fürsten
        ihre Macht von Gott verliehen bekommen hätten, was Thomasius
        bestritt. Im Ablauf des Konflikts wurde ein Heft der Monatsgespräche
        in Kopenhagen öffentlich verbrannt. Thomasius' Kritik an der lutherischen
        Orthodoxie, aber auch der Vorwurf, er habe Leipziger Persönlichkeiten
        karikiert, brachten dem Herausgeber wiederholt Schwierigkeiten
        mit der Zensur ein. Schon das erste Heft der "Monatsgespräche"
        wurde bei der Leipziger Bücherkommission angezeigt. Den
        Verleger, Moritz Georg Weidmann den Älteren, hatte man aufgefordert,
        die Anonymität von Verfasser und Drucker aufzudecken. Nach
        anfänglicher Weigerung überreichte Weidmann der Zensurbehörde
        ein Schreiben Thomasius', in dem dieser erklärte, daß
        "auswärtige gute Freunde" das Journal verfassen
        wurden, er aber nur die Unkosten und die Verbindung zum Verlag
        übernommen habe. Seit dem vierten Heft wies die
        Zeitschrift den Hallenser Drucker Christof Salfeld als Verleger
        aus, womit nicht nur die Bücherkommission, sondern bis vor
        kurzem auch die wissenschaftliche Forschung getäuscht wurde:
        Durch Auswertung des entsprechenden Briefwechsels gelang dem
        Buchhistoriker Mark Lehmstedt vor wenigen Jahren der Nachweis,
        daß Thomasius seine Honorare bis zuletzt von seinem ursprünglichen
        Verleger erhielt. Weidmann hat den Verlag der "Monatsgespräche"
        folglich nie seinem Hallenser Drucker überlassen, wie behauptet
        wurde. Die Fertigung des Diskussionsjournals, mit dem sich Thomasius
        gegen die wissenschaftliche und kirchliche Orthodoxie auflehnte,
        war sehr zeitaufwendig und ging an äußeren und inneren
        Schwierigkeiten zugrunde. Statt der ursprünglich geplanten
        fünf Bogen erreichte die Zeitschrift gelegentlich den doppelten
        Umfang. Relativ früh klagte der Verleger, daß sein
        Autor die Hefte nicht pünktlich fertigstellte, so daß
        er das Blatt nur unregelmäßig ausliefern konnte und
        der anfänglich gute Absatz sank. Auch wurde Thomasius wiederholt
        verklagt. Nachdem dem Universitätsprofessor mit dem Entzug
        der Lehrerlaubnis und mit Schreibverbot gedroht wurde, verließ
        er im März 1690 seine Heimatstadt und ging in das liberalere
        Halle. Noch in seinem letzten Heft verteidigte Thomasius die
        satirische Schreibweise seiner Zeitschrift: Aus der Notwendigkeit
        einer "gesunden Vernunft" leitete der Leipziger Frühaufklärer
        das Recht auf Kritik ohne Ansehen der Person ab. Zum Abschied
        erklärte er, daß er sich fortan stärker der akademischen
        Lehre und dem Verfassen von Büchern widmen wolle. Eine noch wirkungsvollere Rolle
        für die Verbreitung und Popularisierung aufklärerischer
        Ideen spielten die moralischen Wochenschriften, die Johann Christoph
        Gottsched dreieinhalb Jahrzehnte später in Leipzig herausgab.
        Sie waren in zwanzig deutschen Städten erhältlich und
        erreichten eine für die Zeit bedeutende Auflage von bis
        zu 2000 Exemplaren. 1725 debütierte der damals Fünfundzwanzigjährige,
        der in Leipzig sein Magister-Examen abgelegt hatte, mit den "Vernünftigen
        Tadlerinnen". Der anhaltende Erfolg der bis 1727 erschienenen
        Zeitschrift läßt sich mit einem Nachdruck, zwei Neuauflagen
        und einem Raubdruck belegen. Die "Tadlerinnen" folgten
        dem Vorbild englischer "moral weeklies" wie dem "Tatler"
        (Plauderer), der von 1708 bis 1711 erschien. Im Unterschied zu
        anderen Wochenschriften auch in Deutschland wandten sie sich
        vornehmlich an Frauen. Für einen Preis von sechs Pfennigen
        kamen die insgesamt hundertvier Ausgaben zunächst jeweils
        mittwochs, später freitags auf den Markt. Die Zeitschrift enthielt eine
        Vielzahl unterschiedlicher Textformen, zu denen fingierte Gespräche,
        Briefe, Fabeln, Lieder und Geschichten gehörten. Auf unterhaltsame
        Weise suchte Gottsched seinen Leserinnen einen nützlichen
        und lehrreichen Zeitvertreib zu bieten. Dabei warnte er nicht
        nur vor der Lektüre seichter Romane, sondern gab auch Empfehlungen
        für eine "Frauenzimmer Bibliothec". Was der Frühaufklärer
        dem weiblichen Geschlecht zutraute, zeigt die Vision einer zukünftigen
        Universität, in der alle Professoren Frauen sein sollten.
        Auch veröffentlichte Gottsched literarische Arbeiten weiblicher
        Autoren und forderte seine Leserinnen zum Schreiben von Gedichten
        und Einsenden eigener Beiträge auf. Ähnlich wie Thomasius
        schrieb Gottsched seine moralischen Wochenschriften unter der
        Maske fingierter Personen . Als angebliche Verfasserinnen der
        "Tadlerinnen" schob er drei in Halle lebende Freundinnen
        vor: In Ich Form plauderten die bürgerlichen Damen Phyllis,
        Calliste und Iris über ihre Erfahrungen und tauschten Meinungen
        aus, die den Leserinnen als Vorbild dienen sollten. Obwohl sich
        die Wochenschrift unter anderem gegen modischen Putz, unnütze
        Kaffeevisiten und die Klatschsucht wandte, beschäftigte
        sie sich nicht nur mit "weiblichen Schwächen".
        Sie kritisierte den höfisch-galanten Lebenswandel des Adels
        und bekämpfte den Aberglauben und kulturelle Mißstände
        wie das Analphabetentum. Im Unterschied zu anderen Wochenschriften
        wie dem Hamburger "Patriot" zeigten sich in den "Vernünftigen
        Tadlerinnen" auch die besonderen Bemühungen Gottscheds
        um eine Reformierung der deutschen Sprache und Literatur. Nachdem zwei Honoratioren der
        Stadt glaubten, in Gottscheds Journal karikiert worden zu sein,
        wurde es vom Leipziger Rat im September 1726 vorübergehend
        verboten. Daß es mehrfach von anderen Autoren attackiert
        wurde, hatte oft persönliche Gründe, da dem meist eine
        Kritik Gottscheds vorausgegangen war. Eine ähnliche Zielstellung
        wie die "Tadlerinnen" hatte der "Biedermann",
        den Gottsched von 1727 bis 1729 wöchentlich erscheinen ließ.
        Hier bediente sich der Herausgeber der fiktiven Verfasserfigur
        Ernst Wahrlieb Biedermann. Diese war nicht nur titelgebend, sondern
        charakterisierte auch die Bestrebungen der Zeitschrift: Im zeitgenössischen
        Verständnis war ein "Biedermann" ein "redlicher"
        Mann. Noch stärker als die "Tadlerinnen" war diese
        moralische Wochenschrift "an jedermann" gerichtet,
        erreichte jedoch vor allem das gebildete Bürgertum. Gottsched
        suchte mit ihr "Unvernunft und Laster" zu bekämpfen
        sowie "Verstand und Tugend" zu befördern. Dazu
        veröffentlichte er moralische Betrachtungen, Gedichte, Fabeln
        und Erzählungen. Einen auffällig großen
        Raum nahmen weltanschauliche Erörterungen und Überlegungen
        zur deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit ein. In diesen
        kündigten sich schon spätere Zeitschriften, wie die
        philologisch ausgerichteten "Beyträge zur Critischen
        Historie Der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit",
        aber auch Gottscheds Hauptwerk, der "Versuch einer critischen
        Dichtkunst vor die Deutschen", an Mit Unterstützung
        eines "Philologus" genannten, wiederum fiktiven Korrespondenten
        polemisiert Gottsched schon im "Biedermann" gegen die
        Schweizer Bodmer und Breitinger, mit denen er Ende der dreißiger
        Jahre in einen heftigen Streit um Fragen der Dichtungstheorie
        geriet. Auch mit Hilfe seiner zweiten
        Zeitschrift suchte Gottsched die Verbesserung des Denkens, der
        Moral und der bürgerlichen Lebenspraxis zu befördern.
        Im Unterschied zu anderen Journalen wollte die moralische Wochenschrift
        weder aktuelle Neuigkeiten bieten noch politische Kritik üben,
        sondern suchte ein neues, bürgerliches Weltverständnis
        auszuprägen. Der Verfasser beschwor das nützliche und
        einfache Leben des arbeitenden Bürgers. Mit wöchentlicher
        Regelmäßigkeit predigte er das Ideal eines weltzugewandten
        Menschen, der sparsam, fleißig und redlich ist. Was heute etwas pastoral klingen
        mag, hatte eine eigene, wirkungsvolle Form. Mit Hilfe fingierter
        Leserbriefe regte Gottsched seine Leser zu eigenen Meinungsäußerungen
        an und lockte sie so aus der Rolle bloßer Rezipienten.
        Auf diese Weise schuf er etwas prinzipiell Neues: eine Öffentlichkeit,
        in der sich die gebildeten Bürger über ihre moralischen,
        weltanschaulichen und ästhetischen Fragen verständigen
        konnten. Unter Gottscheds Einfluß
        standen die seit 1741 erscheinenden "Belustigungen des Verstandes
        und des Witzes", die als das erste belletristische Journal
        Deutschlands gelten können. Die neue Art von Monatsschrift
        veröffentlichte Originalarbeiten junger, noch unbekannter
        Schriftsteller, womit sie zu beweisen suchte, daß es den
        Deutschen entgegen anderslautenden Behauptungen nicht an Poesie
        mangele. Inhaltlich wurden sie von Leipziger Dichtern und Schülern
        Gottscheds geprägt. Einer der beliebtesten Autoren des Jahrhunderts,
        der noch heute bekannte Christian Fürchtegott Gellert, wurde
        durch hier veröffentlichte Tierfabeln berühmt. Die von Johann Joachim Schwabe
        geleitete Zeitschrift diente Gottsched anfänglich zu dichtungstheoretischen
        Auseinandersetzungen mit seinen Züricher Rivalen Johann
        Jacob Bodmer und Johann Jacob Breitinger, die sich gegen seine
        allzu rationale Regelpoetik wandten und für mehr Phantasie
        und literarische Imagination plädierten. Allmählich
        gingen auch die Leipziger Schriftsteller in das Schweizer Lager
        über und gründeten mehrere vor Gottsched unabhängige
        Literaturzeitschriften. Das Gemeinschaftsbewußtsein des
        Freundeskreises Leipziger Dichter schlug sich in einer kollektiv
        betriebenen redaktionellen Arbeit nieder. Die Verfasserschaft
        der Beiträge blieb nicht nur aus Furcht vor dem Professor
        Gottsched anonym. Man wollte seinen Lesern gemeinsam gegenübertreten.
        In den "Neuen Beyträgen zum Vergnügen des Verstandes
        und des Witzes" und der "Sammlung vermischter Schriften",
        die auf die "Belustigungen" folgten, spiegelt sich
        die Literaturgeschichte der vierziger und fünfziger Jahre
        des 18. Jahrhunderts wider. Literarisch bedeutend blieben die
        Lustspiele Gellerts und die ersten Gesänge von Klopstocks
        "Messias", die hier veröffentlicht wurden. Georg Witkowski hat seine "Geschichte
        des literarischen Lebens in Leipzig", in der die Werke des
        Leipziger Dichterkreises ausführlicher besprochen werden,
        Mitte des 18. Jahrhunderts abgebrochen, da Leipzig fortan nichts
        Wesentliches zur deutschen Literaturgeschichte beigetragen habe.
        In der Tat erschienen auch die wichtigsten belletristischen Zeitschriften
        wie die "Frankfurter Gelehrten Anzeigen" oder der in
        Weimar veröffentlichte "Teutsche Merkur" anderswo.
        Das literarische Leben der Buch- und Handelsstadt wurde in der
        zweiten Jahrhunderthälfte von einer marktgängigen Massenware
        bestimmt, über die sich Goethe und Schiller in einem Distichon
        über die Pleiße lustig machten: "Flach ist mein
        Ufer und seicht mein Bächlein, es schöpften zu durstig/Meine
        Poeten mich, meine Prosaiker aus." Gerade deshalb aber konnte Leipzig
        für die literarische Öffentlichkeit auch weiterhin
        eine Schlüsselrolle spielen. Obwohl die gelehrten Herausgeber
        und kunstsinnigen Poeten nur noch in Ausnahme fällen an
        der Pleiße wohnten, haben die produktionsstarken Verleger
        der Buchstadt die Entwicklung literarischer Periodika auch weiterhin
        bestimmt. Seit 1757 erschien beispielsweise die von den Berlinern
        Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn begründete "Bibliothek
        der schönen Wissenschaften und freyen Künste"
        bei Johann Friedrich Dyck in Leipzig. Das kunstphilosophische
        und literaturkritische Journal verfolgte unterschiedliche Künste
        übergreifende Zielstellungen und berücksichtigte neben
        der Dichtkunst unter anderem das Theater, die Musik, die Malerei
        und die Baukunst. Der populäre Leipziger Schriftsteller
        Christian Felix Weiße, der die "Bibliothek" jahrzehntelang
        fortführte, machte sie zu einem einzigartigen Nachrichtenorgan,
        das über neueste künstlerische Entwicklungen in ganz
        Europa informierte Johann Gottfried Herder lobte die Zeitschrift,
        die von 1766 bis 1805 als "Neue Bibliothek der schönen
        und freyen Künste" fortgeführt wurde, als "Leiterin
        des guten Geschmacks, die uns zugleich das Merkwürdigste
        fremder Nationen bekannt machte". Als weltoffen erwies sich auch
        der wegen seiner Geschäftstüchtigkeit unbeliebte Leipziger
        Verleger Johann Friedrich Weygand, der durch Johann Joachim Eschenburg
        mehrere Zeitschriften herausgeben ließ, die zur Vermittlung
        englischer Literatur und Kultur in Deutschland beitrugen Weygands
        Gespür für neue Trends zeigte sich auch in der Herausgabe
        eines Periodikums, welches die Deutschen auf ihre eigenen Angelegenheiten
        aufmerksam machen wollte. Das Nationaljournal "Deutsches
        Museum" wurde von zwei Herausgebern geleitet, die verschiedene
        Schwerpunkte setzten. Konrad Wilhelm Dohm sorgte mit historischen,
        philosophischen und politischen Beiträgen für Information
        und Belehrung. Heinrich Christian Boie, der namhafte Schriftsteller
        des Sturm und Drang zu seinen Mitarbeitern zählen konnte,
        bot schöne Literatur und Unterhaltung. Daß sie somit
        unterschiedliche Interessen befriedigten, wurde von den Lesern
        der Zeit sehr geschätzt. Das Nachfolgeorgan der Zeitschrift
        erschien seit 1789 nicht zufällig beim Klassikerverleger
        Göschen, der sich mit insgesamt zweiunddreißig Zeitschriften
        und Almanachen kontinuierliche Einnahmen und Werbemöglichkeiten
        für seine Bücher schuf. Im "Neuen Deutschen Museum"
        wurde der Blick vor allem auf die Wissenschaft und die Französische
        Revolution gerichtet. Beschränkt man den Blick nicht nur
        auf die schöne Literatur, so läßt sich am Verlagsort
        Leipzig ein ganzes Jahrhundert literarischer Zeitschriftengeschichte
        studieren. Von den seit 1668 erscheinenden "Monatsgesprächen"
        bis zum 1789 begonnenen "Neuen Deutschen Museum" wurde
        eine literarische Öffentlichkeit geschaffen, in der sich
        das deutsche Bürgertum informierte und über seine Wert-,
        Moralvorstellungen und Ideale verständigte. Leipzigs Name
        stand am Beginn des deutschsprachigen Zeitschriftenwesens. |